Agiles Vorgehen als Fortschrittsmotor – Schwierigkeiten und Erfolgsfaktoren der Scrum-Einführung

Lea-Nadine Wagener |
23. Januar 2020 |

Die Digitale Transformation stellt Unternehmen vor die Herausforderung, in neue Technologien zu investieren oder gar ganze Geschäftsmodelle neu auszurichten. Das Hauptziel vieler Unternehmen ist es, digitale Kunden an jedem Berührungspunkt der Interaktion effektiver anzusprechen und zu binden. Voraussetzung für das Gelingen solcher Vorhaben ist eine reaktionsfähige und wandelbare Organisation. Doch wie kann das gelingen? Entscheidend ist die Kombination aus geeigneter Methodik und fortlaufendem Kulturwandel.

Scrum ist ein Ansatz, der einfach zu verstehen und schlank in seinem Rahmenwerk ist. Die Grundprinzipien zielen darauf ab, stetig Veränderungen in der Organisation zu bewirken. Oft müssen dafür jedoch Verantwortungen bei den Mitarbeitern neu verteilt, Arbeitsweisen angepasst und Führungsstrukturen überdacht werden.
Leichter gesagt als getan…

Veränderung schürt Unsicherheiten und Ängste

Nicht jeder Mitarbeiter ist für selbstorganisierte Arbeitsweisen geschaffen, auch wenn diese grundsätzlich als positiv und motivierend gelten. Die Einführung von flachen Hierarchien und das Herstellen eines Arbeitens auf Augenhöhe aller Mitarbeiter geht weg von den klassischen Führungsansätzen und schürt auf der Führungsebene oftmals das Gefühl einer „Entmachtung“. Das Selbstverständnis von Führungskräften wird in Frage gestellt, denn Führung verfolgt in diesem Kontext einen anderen Ansatz, den eines „Sparrings-Partners“, Helfers und „Möglich-Machers“ – und entfernt sich von einer delegierenden und kontrollierenden Funktion. Dies führt zu Unsicherheiten und erfordert Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter, sich selbst zu organisieren und die zur Verfügung stehende Zeit effizient zu nutzen. Für Mitarbeiter, die sich stark von Hierarchien und Titeln angezogen fühlen, ist dieses neue Konzept ebenfalls gewöhnungsbedürftig und verlangt hohen Anpassungsbedarf.

Denn, was bisher in Eigenverantwortung entschieden wurde, entscheidet jetzt das Scrum Team. Und auch für das Team selbst kann die Umstellung schwierig sein. Die Erfahrung zeigt, dass selbstorganisiertes Arbeiten nicht für jeden passt. Viele Mitarbeiter sind froh darüber, wenn ihnen genau gesagt wird, was sie tun sollen und fühlen sich mit einer eigenen Entscheidungsmöglichkeit überfordert. Die plötzliche Verantwortung ist ungewohnt und erfordert ein Umdenken bezüglich möglicher Konsequenzen, die zuvor anderweitig zu verantworten waren. Gerade Mitarbeiter, die grundsätzlich Veränderungen gegenüber eher ablehnend eingestellt sind, fällt dieser Weg schwer. Zugleich treten Vorteile durch die Möglichkeit mitzuentscheiden, die Chancen der eigenen Weiterentwicklung und die höhere Lebendigkeit neuer Arbeitsweisen dabei zum Teil in den Hintergrund.

Transparenz ist unbequem

Bei der Anwendung von Scrum ist es notwendig, Arbeitsprozesse transparent werden zu lassen.
Durch das Arbeiten mit einem ‚Sprint Board‘ – ob digital oder analog – kann jeder Mitarbeiter die Personalie, Zeitpläne, Aufgaben und Arbeitsweisen im Team nachvollziehen. Dies hat nicht nur positive Auswirkungen: Kommt bei der täglichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitsfortschritt in einem sogenannten ‚Daily Scrum‘ Terminen heraus, dass Teammitglieder die Effizienz anderer Kollegen infrage stellen? Ist es Kollegen unangenehm, ihre Arbeitsergebnisse vor dem Team offenzulegen? Transparenz kann zu einem gewissen Druck im Team führen und Personen aus ihrer Komfortzone holen.

Agilität um jeden Preis?

Um solchen Effekten und Ängsten vorzubeugen ist es wichtig, für jede Form von Veränderung eine Vision zu entwickeln, wohin die Reise gehen und wie sich die Organisation und ein Team entwickeln sollen. Es ist enorm wichtig vor der Entscheidung für Scrum zu überlegen, auf welchen Märkten ich mit welchen Produkten und welchen Kompetenzen agieren möchte. Hinzu kommt die Frage, wie ich grundsätzlich meine Mitarbeiter fördern und entwickeln möchte. Sind agile Prozesse dabei überhaupt der richtige Weg? Kann diese Frage mit ja beantwortet werden, könnte Scrum der richtige Ansatz sein.

Erfolgsfaktoren für die Einführung von Scrum?

Mit einer durchdachten Vorgehensweise lässt sich die Scrum Methodik gut in Organisationen einsetzen:

  • Standortbestimmung – Zunächst wird ein gemeinsames Bild der Ausgangslage benötigt. Wie wird aktuell gearbeitet? Mit welchen Problemen und Herausforderungen ist man konfrontiert? Die Beantwortung dieser Fragen führt dazu, dass ein Unternehmen weiß, wo es derzeit steht.
  • Scrum verstehen und erlernen – Je nach Vorkenntnissen der Mitarbeiter ist ein Scrum Training und das Erlernen agiler Techniken sinnvoll. Mitarbeiter müssen die Scrum Methodik nicht nur in der Theorie erlenen und kennen, sondern die Technik auch in der Praxis umsetzen können.
  • Die ersten Schritte planen – Plan, Do, Check, Act. Ein iteratives, inkrementelles Vorgehen erleichtert die ersten Schritte im Scrum Prozess.
  • Wissen teilen und verbreiten – Ein Multiplikationsprozess hilft dabei, die Einführung von Scrum zu beschleunigen. Dafür ist es zunächst wichtig, die Promotoren von Scrum im Unternehmen zu identifizieren und mit ihren – sowohl positiven als auch negativen – Erfahrungen den Scrum Prozess einzuleiten.
  • Unterstützung & Führung – Die Einführung von Scrum funktioniert umso besser, wenn das Management die passenden Rahmenbedingungen schafft und auch in schwierigeren Zeiten entschlossen zur Methodik steht. Je mehr Scrum von den oberen Führungsebenen für die organisationsweite Einführung gepusht wird, umso erfolgreicher kann das Vorhaben gelingen.
  • Offenheit & Kommunikation – Veränderung ermöglicht Weiterentwicklung. Diese muss aber offen und ehrlich kommuniziert werden, um die positive Grundhaltung in der Organisation zu fördern und einen sauberen Schnitt zur Vergangenheit durchzuführen. Wichtig ist aber vor allem, dass die Wünsche und Einwände der Mitarbeiter mithilfe eines professionellen Change Managements konstruktiv in die neue Arbeitsweise integriert werden.
  • Fortschritt messen – Wo steht das Unternehmen auf dem Weg der Scrum Einführung? Welche Stufen oder Phasen wurden bereits erreicht? Woran kann der Erfolg gemessen werden? Sowohl in den Teams als auch in der Gesamtorganisationsicht muss der Fortschritt der Scrum-Einführung gemessen werden.

 

Scrum in der Praxis: Ein positives Fazit

Unsere Erfahrung in der Unterstützung vieler unterschiedlicher Kunden bei der Einführung von Scrum und beim organisatorischen Wandel zeigt: Die Scrum-Struktur schafft trotz aller Herausforderungen Klarheit und Verantwortungsbewusstsein auf allen Ebenen. Allen Mitarbeitern werden notwendige Freiräume ermöglicht, sich auf konkrete Aufgaben zu fokussieren, sich zu entfalten und sich dennoch in einem geregelten Rahmenwerk zu bewegen. Für Führungskräfte besteht durch die neue Aufgabenverteilung und das Übertragen von Verantwortung die Chance, strategische Aufgaben für das Unternehmen wieder gezielter und mit mehr Zeit anzugehen. Auch werden durch eine höhere Einbindung des Kunden in kurzen Zeitabständen bessere Arbeitsergebnisse von Teams erlangt, die durch ein größeres Mitspracherecht des Kunden optimal auf dessen Bedürfnisse und Wünsche abgestimmt sind. Darüber hinaus ermöglicht die Einführung von Scrum eine höhere Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen und fehlende Informationen können schneller eingeholt werden.

Eine Organisationsform wie Scrum einzuführen ist ein großer Schritt. Es gilt alle Risiken für das eigene Unternehmen und Team abzuwägen – aber wer den Schritt wagt, kann mit agilem Arbeiten seine Organisation flexibler, zielgerichteter und reaktionsfähiger gestalten und sich so für den zukünftigen Wettbewerb wappnen.

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