Bi-modale Organisationen oder »Organisationen der zwei Geschwindigkeiten«

Daniel Pelke |
6. Juli 2017 |

In meinem letzten Blog-Beitrag Digitale Transformation ist mehr als nur IT habe ich darüber geschrieben, dass sich erfreulicherweise eine ganzheitlichere Sichtweise auf die Digitale Transformation durchsetzt. Wir wissen, dass IT alleine nicht die Lösung ist. Langsam macht sich die Erkenntnis breit, dass die Digitale Transformation somit nicht nur die IT-Abteilung, sondern alle Unternehmensbereiche betrifft. Schaut man sich aktuelle Trainings- und Beratungsangebote an, gewinnt man allerdings einen anderen Eindruck: Unter dem Deckmantel der Digitalen Transformation wird zunächst über die Herausforderungen in der heutigen Geschäftswelt gesprochen – »Agilität« oder »neue Geschäftsmodelle« tauchen als wichtige Schlüsselwörter auf. Es werden bekannte, ehemals erfolgreiche Unternehmen genannt, die den Weg in die Digitalisierung nicht geschafft haben. Im nächsten Schritt werden schließlich neuartige IT-Verfahren und Technologien wie Cloud Computing, MicroServices, DevOps und BigData als Lösungen auf die Herausforderungen unserer Zeit präsentiert. Häufig wird IT-Abteilungen jedoch nicht zugetraut, dass sie solche modernen Lösungen problemlos einführen können.

Bi-Modalität als ideale Lösung für die IT

Das ultimative Zielmodell für IT-Abteilungen bietet die sogenannte »bi-modale IT«, das heißt »eine IT-Abteilung der zwei Geschwindigkeiten«.
Konkret bedeutet es, dass es in der IT-Organisation zwei Gruppen gibt:

  1. eine, die sich mit klassischen Methoden u. a. um die Enterprise Applikationen wie ERP und die Corporate IT-Infrastruktur kümmert.
  2. eine, die sich mit agilen Methoden u. a. um Customer Apps kümmert und dabei auf Daten und Services der Enterprise Applikationen sowie aus dem Internet zurückgreift.

Wenn die bi-Modalität die ideale Lösung für die IT ist, dann ist es doch naheliegend, diese auch als Lösungsansatz für andere Organisationen/Abteilungen anzuwenden. Wir sprechen somit über bi-modale Organisationen, d. h. Organisationen der zwei Geschwindigkeiten.

Bi-modale Organisationen auch außerhalb der IT-Abteilung

Offensichtlich ist es in der Marketing-Abteilung: Zum einen kümmern sie sich um die klassischen Kanäle wie Print-Medien und Messen, die ein breites Spektrum von Interessenten ansprechen. Über Jahre hinweg haben sie die Marke aufgebaut und stellen sicher, dass diese nicht missbräuchlich verwendet wird. Auf der anderen Seite offenbaren sich, durch die Analyse der unterschiedlichsten Touch Points und Online Nutzung, Kundengruppen, die man vorher so nie identifizieren konnte. Auch untersuchen viele Marketing-Abteilungen derzeit, ob Growth Hacking für sie eine Option ist.

Schauen wir auf die Personal (Human Resource)-Abteilung: Dort gibt es Bereiche für die Lohnbuchhaltung. Sie kümmern sich darum, dass Gehälter vollständig und rechtzeitig überwiesen werden und die gesetzlichen Abzüge korrekt abgeführt werden. Andere Bereiche nutzen Social Media, um auf das Unternehmen als innovativen und modernen Arbeitgeber aufmerksam zu machen. Sie pflegen nicht nur die Jobangebot-Seiten auf passenden Portalen, sondern suchen gezielt in einschlägigen sozialen Netzwerken nach Cloud-Architekten, DevOps-Spezialisten und Data-Scientisten oder nutzen Hackathons, um talentierte SW-Entwickler zu finden.

Oder die Finanzabteilung: Auf der einen Seite kümmert sie sich um die Umsätze aus dem Produktverkauf, auf der anderen Seite muss sie sich aber bei sogenannten Pay-per-Use Konzepten oder App-basierten Zusatzleistungen mit Micro-Payment auseinandersetzen.

 Bi-modale Organisationen richtig managen

Wenn es die Aufgabe eines CIOs ist, eine IT-Organisation der zwei Geschwindigkeiten zusammenzuhalten, dann gilt das analog auch für die CMOs, CHROs und CFOs. Sie müssen ihre bi-modalen Organisation managen und dabei die beiden Teile ihrer Organisation aufeinander abstimmen. Um die Balance erfolgreich halten zu können, müssen Führungskräfte zukünftig über zwei zusätzliche Kernkompetenzen verfügen:

Sie müssen über fachliche und vor allem auch soziale Kompetenzen verfügen. Die Fähigkeit, eine bi-modale Organisation zu führen und zu gestalten, erfordert eine sehr hohe soziale Kompetenz. In einer Abteilung der zwei Geschwindigkeiten gibt es kein gut oder schlecht, oder schnell oder langsam. Nicht aktuelles Wissen oder Erfahrung, sondern beides wird benötigt. Zur fachlichen Kompetenz gehören nicht nur das Wissen über aktuelle Technologietrends, sondern auch die langjährige Erfahrung z. B über Kundenbeziehungen, interne Prozesse oder Produktionsabläufe.

Führungskräfte müssen in eine große Vielfalt (engl.: Diversity) innerhalb der Organisation investieren. Je heterogener die Organisation besetzt ist, desto höher ist das Potential, Lösungen für vermeintlich unlösbare Probleme zu finden. Kleinere Organisation können zur Erhöhung der Vielfalt sogenannte Open-Innovation Plattformen nutzen. Über solche Plattformen hat man Zugriff auf tausende Ideengeber aus unterschiedlichen Kulturkreisen, unterschiedlichen Altersgruppen etc.; ein Potential, aus dem sonst nur große internationale Konzerne schöpfen können. Dass »Diversity« ein Schlüssel bei der Lösung von sogenannten »Wicked Problems« ist, und die Herausforderungen, die mit der Digitalen Transformation kommen, sind definitiv solche, beschreibt Jeff Conklin ausführlich in seinem Buch »Wicked Problems & Social Complexity«.

 

Abschließend müssen zwei Dinge klar gesagt werden:
Vielfalt und soziale Kompetenz sind nicht die alleinigen Instrumente. Vielmehr flankieren sie die Fähigkeiten, die Peter Hinssen in seinem Buch »The Network Always Wins« mit dem Begriff »VACINE« geprägt hat.
Zum zweiten: Die bi-modale Organisation ist keine vorübergehende Erscheinung, kein Übergang von einer Organisationform zu einer anderen. Die bi-modale Organisation ist vielmehr ein Dauerzustand, denn der vermeintlich schnelle Teil der Organisation von heute, kann morgen schon der langsam sein. Das Ziel der bi-modalen Organisation ist es somit agil zu sein. Die bi-modale Organisation ist in der Lage, sich den sich ständig ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Und dass sich die Rahmenbedingungen ständig ändern ist das einzig konstante in der heutigen Geschäftswelt.

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