In einer Welt, in der Informationen exponentiell wachsen und diese als Unternehmensschatz wertvoller sind als je bevor, wird Wissensmanagement zur Überlebensstrategie. Wer das Wissen seiner Organisation nicht systematisch dokumentiert, zugänglich macht und aktuell hält, riskiert doppelte Arbeit, lange Suchzeiten und einen Wettbewerbsnachteil. Gleichzeitig eröffnen sich mit Technologien wie generative Künstliche Intelligenz völlig neue Möglichkeiten, Wissen produktiv zu nutzen – vorausgesetzt, die Grundlagen stimmen.
Microsoft 365 bietet eine hervorragende Plattform, um ein digitales Wissensarchiv aufzubauen. Aber: Technik und der Rollout allein reichen nicht aus. Dieser Blog-Artikel beleuchtet, welche strategischen, organisatorischen und technischen Aspekte Unternehmen berücksichtigen sollten, um ein nachhaltiges und KI-fähiges Wissensmanagement mit Microsoft 365 zu etablieren. Die Werkzeuge für ein digitales Wissensarchiv sind vorhanden und nahtlos integriert.
Ohne Content-Strategie kein Wissensarchiv
Ein digitales Wissensarchiv ist kein beliebiger Speicherort für alle Arten von Dokumenten. Es braucht eine klare inhaltliche Ausrichtung. Deshalb ist eine Content-Strategie der erste und vielleicht wichtigste Baustein.
Unternehmen sollten sich bewusst machen, welches Wissen im Unternehmen wirklich geschäftskritisch ist, wer dieses Wissen nutzt und in welcher Form es idealerweise aufbereitet wird. Es geht darum, Themenfelder zu definieren, Content-Formate zu wählen (z. B. Anleitungen, FAQs, Lessons Learned) und insbesondere redaktionelle Verantwortung festzulegen.
Nur wenn klar ist, welche Inhalte warum, von wem und für wen in das Wissensarchiv aufgenommen werden, entsteht eine strukturierte, pflegbare Wissensbasis – und keine digitale Müllhalde und Wissensüberflutung.
Wissensmanagement ist Chefsache: Ohne Rückhalt der Führungsebene und klare Ziele wird es kaum gelingen, eine Wissenskultur zu etablieren. Entwickeln Sie eine Wissensvision für Ihr Unternehmen. Legen Sie fest, welche Wissensgebiete kritisch sind und wie Erfolg gemessen wird (z.B. verkürzte Suchzeiten, geringerer Trainingsaufwand, Innovationsrate). Kommunizieren Sie diese Vision unternehmensweit.
Informationsarchitektur: Die Struktur entscheidet
Ein erfolgreiches Wissensmanagement braucht mehr als nur Ablageordner – es braucht eine durchdachte Informationsarchitektur. Diese gibt vor, wie Wissen organisiert, verknüpft und auffindbar gemacht wird.
In Microsoft 365 heißt das unter anderem: Welche SharePoint-Websites dienen als Wissensbereiche? Welche Struktur macht es Nutzern leicht, Inhalte zu lokalisieren? Wie werden Themen mit Metadaten versehen, damit sie auch über die Suche leicht auffindbar sind?
Auf der anderen Seite muss man sich fragen, in welcher App wird welches Wissen gespeichert? Der Microsoft-365-Blumenstrauß ist riesig und die Vielfalt der Apps lässt selbst im Microsoft-Kosmos verteiltes Wissen zu. Welche anderen Systeme, die nicht durch Microsoft 365 abgelöst wurden, enthalten Unternehmenswissen? Ist es nicht sinnvoll, diese Informationen ebenso leicht zugänglich zu machen und über Integrationen oder die Migration nachzudenken?
Die Struktur sollte nicht allein den Anforderungen der IT und Compliance entsprechen, sondern vor allem die Denk- und Arbeitsweise der Nutzer abbilden. Wer hier in Zielgruppen denkt und konsequent nutzerzentriert gestaltet, schafft Orientierung und fördert die Akzeptanz.
“Garbage in – Garbage out”
Ein bekanntes Prinzip aus der Informatik lautet: „Garbage in, garbage out.“ Was bedeutet das fürs Wissensmanagement? Ganz einfach: Schlechte, veraltete oder unstrukturierte Inhalte führen zu schlechten Ergebnissen – egal, wie leistungsfähig die Technik ist.
Ein gutes Wissensarchiv lebt daher von der Qualität seiner Inhalte. Unternehmen sollten verbindliche Standards definieren: Welche Informationen gehören in einen Beitrag? Welche Sprache und welche Formatierung sind gewünscht? Wie aktuell müssen Inhalte sein – und wie oft werden sie überprüft?
Darüber hinaus sollten Autorinnen und Autoren geschult werden, wie sie Inhalte verständlich und zielgruppenorientiert aufbereiten. Je höher die inhaltliche Qualität, desto besser funktionieren auch Suchfunktionen und KI-Anwendungen wie Microsoft 365 Copilot.
Aufbewahrung und Löschung: Governance von Anfang an mitdenken
Ein digitale Ablage darf kein Ort für „ewiges Wissen“ sein. Denn: Nicht alles, was gespeichert wird, muss oder darf für immer bleiben.
Gerade im Unternehmenskontext unterliegen Informationen gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, Datenschutzanforderungen und Sicherheitsvorgaben. Andererseits dient Aufbewahrung zur Kuratierung wertvollen Wissens und Löschung zur Vermeidung von Informationsüberlastung – vielen als Lean Knowledgemanagement bekannt.
Microsoft 365 unterstützt dies durch Tools wie Microsoft Purview. Damit lassen sich Aufbewahrungsrichtlinien definieren, Löschprozesse automatisieren und sensible Daten identifizieren. Workflows in SharePoint Online oder Power Automate unterstützen den Informations- und Dokumenten-Lebens-Zyklus. So bleibt das Wissensarchiv aktuell und performant.
Governance ist kein lästiges Regulativ, sondern die Grundlage für ein nachhaltiges Wissensmanagement.
Wissensarchiv als Grundlage für KI
Künstliche Intelligenz ist nur so gut wie die Daten, auf die sie zugreift. Microsoft 365 Copilot etwa generiert Antworten und Vorschläge auf Basis der Inhalte, die im Unternehmen vorhanden und über Microsoft Graph zugänglich sind.
Damit Copilot wirklich unterstützt, müssen die Informationen maschinenlesbar, strukturiert, aktuell und berechtigt zugänglich sein. Das bedeutet: Inhalte sollten nicht in gescannten PDFs oder schwer lesbaren Excel-Monstern versteckt sein, sondern in modernen Dateien mit sinnvollen Dateinamen und Metadaten.
Außerdem muss sichergestellt sein, dass nur die Inhalte ausgewertet werden, die für den jeweiligen Nutzer auch freigegeben sind. Nur so lassen sich Informationssicherheit, Datenschutz und Vertrauen in die Technologie gewährleisten.
Ein gut gepflegtes Wissensarchiv ist daher nicht nur ein Archiv – sondern das Fundament für jede KI-Initiative im Unternehmen.
Zugriffsberechtigungen und Datenschutz: Wissen kontrolliert teilen
Ein zentrales Wissensarchiv soll Wissen verfügbar machen – aber nicht für jeden alles. Der Schutz vertraulicher Informationen muss jederzeit gewährleistet sein.
In Microsoft 365 ist es möglich, Inhalte granular zu berechtigen – auf Datei-, Ordner-, Seiten- oder Website-Ebene. Vertraulichkeitskennzeichnungen (Sensitivity Labels) helfen dabei, sensible Daten automatisch zu klassifizieren und mit entsprechenden Schutzmechanismen zu versehen, sodass zum Beispiel Wissen nicht nach außen abfließt.
Zudem sollte regelmäßig überprüft werden, wer Zugriff auf welche Inhalte hat. Besonders im Kontext von Microsoft 365 Copilot ist Transparenz entscheidend: Die KI greift nur auf Informationen zu, für die ein Nutzer auch manuell Zugriff hätte – aber das setzt eine saubere Rechteverwaltung voraus.
Welche Microsoft 365 Anwendungen eignen sich besonders?
Nicht jede Anwendung innerhalb von Microsoft 365 ist gleichermaßen geeignet für ein digitales Wissensarchiv. Aus Sicht von Best Practises betrachtet sind besonders gut geeignet:
- SharePoint Online bildet das Rückgrat des Wissensmanagements in Microsoft 365. Es erlaubt die strukturierte Ablage von Dokumenten und Inhalten, Versionierung, Verschlagwortung und Präsentation von Wissen – eingebettet in moderne Websites und Teams-Strukturen.
- OneDrive for Business eignet sich für persönliche Wissenssammlungen, die sich über Freigaben kollaborativ nutzen lassen – etwa Checklisten, Recherchen oder Notizen. OneDrive sollte nicht als dauerhafter Wissensspeicher verwendet werden.
- Microsoft Teams bietet die Möglichkeit, Wissen direkt im Arbeitsalltag z.B. in Projekten oder der Zusammenarbeit in Teams oder Abteilungen zu integrieren. Wichtig ist hier jedoch die Disziplin in der Ablage sowie eine durchdachte Struktur.
- Loop-Komponenten ermöglichen dynamische Zusammenarbeit in Echtzeit – ideal für agiles und temporäres Wissen.
- Viva Engage eignet sich hervorragend, um Erfahrungswissen, Diskussionen und informelles Lernen sichtbar zu machen – insbesondere durch Communities, die themenbezogen Wissen und Austausch fördern.
- Project, Planner und To Do bieten die Möglichkeit, Aufgaben und Projekte zu verwalten und das Wissen in diesem Kontext zu dokumentieren.
Weniger geeignet sind:
- Outlook-Postfächer, da Inhalte dort oft unstrukturiert, personenbezogen und schwer durchsuchbar sind.
- Teams-Chats, die zwar wichtig für den Austausch sind, aber für langfristige Wissensspeicherung zu flüchtig und nicht systematisch genug.
- OneNote, sofern es nicht konsequent strukturiert und gepflegt wird – ansonsten droht der Notiz-Chaos-Effekt.
Drittsystemen anbinden oder ablösen? Wege aus der Wissenssilo-Falle
Nicht jedes Wissen entsteht oder liegt nativ in Microsoft 365 – viele Organisationen nutzen weiterhin etablierte Drittsysteme wie Archiv- oder Dokumentenmanagementsysteme, Fachanwendungen oder auch File-Server. Doch auch dieses Wissen muss nicht außen vor bleiben: Mit den Microsoft Graph Connectors lassen sich externe Quellen nahtlos in die Microsoft-Suche integrieren. Auf diese Weise wird das Wissen aus Drittanwendungen durchsuchbar gemacht und für KI-Tools wie Microsoft 365 Copilot verfügbar. So entsteht ein ganzheitliches Wissensökosystem – unabhängig davon, wo die Informationen ursprünglich gespeichert wurden.
Eine ebenso valide und oft strategische Alternative ist die gezielte Migration. Gerade wenn Altsysteme ersetzt oder konsolidiert werden sollen, empfiehlt es sich, relevante Inhalte strukturiert nach SharePoint Online zu überführen. Der Vorteil: Informationen werden zentral verwaltet, sind direkt in die Kollaborations- und Sicherheitsmechanismen von Microsoft 365 eingebunden und können einfacher klassifiziert, versioniert und weiterentwickelt werden. Zudem entfällt die Abhängigkeit von proprietären Altsystemen.
Beide Wege – Integration und Migration – haben ihre Berechtigung. Während die Integration via Graph Connectors vor allem bei dauerhaft parallel laufenden Systemen oder für schnelle Suchzugriffe ohne Datenverlagerung geeignet ist, bietet auch die Migration die Chance, Wissenssilos aufzubrechen, Inhalte zu konsolidieren und Governance sowie KI-Nutzung unter einem Dach zu vereinen.
Fazit: Wissensmanagement als Erfolgsfaktor der Zukunft
Ein digitales Wissensarchiv mit Microsoft 365 aufzubauen, ist kein einmaliges IT-Projekt, sondern eine strategische Reise. Es erfordert die richtige Kombination aus Technologie, Prozessen und Kultur. Die gute Nachricht: Mit Microsoft 365 verfügen viele Unternehmen bereits über die nötigen Bausteine – von SharePoint als Wissensdrehscheibe, über Teams für den Austausch, bis hin zu Microsoft 365 Copilot für einen Chatbot mit Künstlicher Intelligenz. Diese Bausteine gilt es nun gezielt zusammenzufügen. Wenn Sie die genannten Themen berücksichtigen – strategische Verankerung, zentrale Plattform, klare Strukturen, integrierte Suche, maßvoller KI-Einsatz, starke Governance und lebendige Kultur – dann schaffen Sie ein Wissensarchiv, das weit mehr ist als eine Dokumentensammlung.
Die nächsten Jahre werden von Unternehmen verlangen, schneller zu lernen und Wissen effektiver zu nutzen als je zuvor. Hybrid Work und digitale Geschäftsmodelle erhöhen den Druck, Wissen überall und jederzeit verfügbar zu machen. Gartner sagt voraus, dass bis 2025 moderne, virtuelle Wissenswerkzeuge in vielen Geschäftsbereichen selbstverständlich sein werden [1] – Organisationen, die bereits heute ihr Wissensmanagement professionalisieren, verschaffen sich also einen klaren Vorsprung. Nutzen Sie die aktuellen Technologien, aber behalten Sie immer den Menschen im Mittelpunkt: Wissen entsteht durch Menschen für Menschen.
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