In den letzten zwei Jahren haben wir einen der größten Umbrüche der Digitalisierung erlebt. Millionen Arbeitsplätze sind aus dem Großraumbüro in die heimischen Gefilde gewandert. Liebevoll wird auch gern von Work-Life-Integration gesprochen. Dabei ist es in so manchem Haushalt eher eine Work-Life-Eskalation. Wer Zuhause Kinder hat, kämpft mit einer ganz neuen Rollenverteilung und hunderter Störquellen. Aber auch ohne Kids kann das Home-Office einen in den Wahnsinn treiben, da die Kombination aus Einsamkeit und unscharfer Trennung wenig dabei hilft, abzuschalten und Ausgleich zu finden.
Dieser Beitrag soll dabei helfen und inspirieren, sich die neue Flexibilität zu Nutze zu machen und neue Orte der Produktivität zu entdecken. New Work ist aktuell ein großes Thema bei uns.
Ein bisschen digitaler Nomade
Auch wenn ich heute als angestellter Consultant bei der fme Mittelständler und Konzerne berate, habe ich meine Wurzeln in der Startup-Szene. Über 10 Jahre habe ich mein eigenes Unternehmen aufgebaut und andere Gründer in ihren Vorhaben unterstützt. Eine spannende und prägende Zeit. Als Unternehmer hinterfragt man täglich seine Tätigkeit und die gerade entstehenden Prozesse. Es gibt kein »das haben wir immer schon gemacht«.
Ein großes Thema, das mich immer auch beschäftigt hatte, war die Wahl meines Arbeitsplatzes. Zum einen fand ich die Präsenz im Büro immer wichtig, um auch für seine Teammitglieder da zu sein, Probleme schnell lösen zu können und direkten Einfluss auf die Entwicklung der Unternehmenskultur zu haben. Home-Office war da häufig ein Thema und wir haben viel experimentiert.
Ein Punkt, der mich besonders fasziniert hat, war die Erkenntnis, dass die Veränderungen des Arbeitsortes mich produktiver gemacht haben. Dieser Effekt wird auch Hawthorne-Effekt genannt. Damals hatte man in der Hawthorne-Fabrik herausfinden wollen, welche Lichtverhältnisse für die höchste Produktivität im Unternehmen sorgen. Man kam zu dem Ergebnis, dass es nicht ein bestimmtes Lichtverhältnis war, sondern die Änderungen des Lichts die Produktivität gesteigert hat. Unabhängig davon, wieviel Kritik es an der Erkenntnis dieser Studie gab, kann ich für mich selbst behaupten, dass der Wechsel des Arbeitsplatzes für mich persönlich oft eine Bereicherung darstellt.
Wie immer jedoch, macht vermutlich wieder die Menge das Gift. Jeden Tag irgendwo anders anzufangen, kostet viel Produktivität durch die Neuorientierung. Keine Wechsel kosten Produktivität durch den Gewöhnungseffekt und fehlenden Reize.
New Work im Nomaden-Tag
Ich persönlich habe den Freitag für mich als »Nomaden-Tag« entdeckt. Immer freitags versuche ich mir einen anderen Arbeitsort zu suchen. Am Ende der Woche weckt mich das nochmal auf und die neue Umgebung ist eine Inspirationsquelle, die mich persönlich aber auch meinen Arbeitgeber voranbringt.
Vermutlich muss jeder für sich selbst entdecken, wann es wertvoll ist, aus seinem gewohnten Umfeld auszubrechen. Ich kenne durch meine Arbeitsweise inzwischen die verschiedensten Arbeitstypen. Manche verlassen das Home-Office und arbeiten fast ausschließlich im Co-Working-Space. Manch einer arbeitet vom Camper aus jeden Tag an einem anderen Ort und wieder andere bereisen mit Work-And-Travel die ganze Welt.
Die folgenden Orte sollen dabei eine kleine Inspiration sein und stellen keine abschließende Auflistung dar.
Co-Working-Spaces
Inzwischen gibt es sie eigentlich überall. Co-Working-Spaces sind Arbeitsorte, an denen man sich tageweise oder auch längerfristig einmieten kann. Sie bieten alles, was man zum täglichen Arbeiten braucht: Wlan, Kaffee, Toiletten, einen schmucken Arbeitsplatz und vieles mehr.
Allein in Deutschland gibt es heute etwa 750 Coworking-Spaces, meist in größeren Metropolen oder Universitätsstädten. Einen Co-Working-Space in Ihrer Nähe können Sie beispielsweise über coworking-spaces.info finden.
Bei meinem letzten Besuch im »Schiller40« in Wolfsburg zeigte mir der Mitbegründer und Leiter Christian Cordes, was den Besuchern hier geboten wird. Dabei können nicht nur kreative Arbeitsplätze oder moderne Meetingräume für Workshops gebucht werden, sondern auch ganze Ton- und Videostudios für professionelle Aufnahmen! Ebenso gibt es im selben Gebäude auch einen Makerspace – Eine Hightech-Werkstatt in der man unkompliziert Prototypen entwickeln kann. So trifft man dort viele interessante Leute mit unterschiedlichsten Fähigkeiten und lernt so viel Neues hinzu. Es vergeht fast kein Besuch dort, ohne dass man mit einer neuen Buch- oder Tool-Empfehlung nach Hause geht.
Agenturen und Mittelständler
Über Projekte, Netzwerkveranstaltungen und seinen Freundeskreis hat man Zugriff auf eine Vielzahl von verschiedenen Unternehmen und Orten, an denen man gut vorbeischauen kann. Warum nicht einen Tag bei einem seiner Kunden, Partnerunternehmen oder auch Freunden verbringen. Das geht auch gut in Kombination mit einem vorhandenen Termin.
Meist ist es kein Problem den ganzen Tag einen Konferenzraum oder einen freien Schreibtisch unter Beschlag zu nehmen und fremde Unternehmensluft zu schnuppern. Mein Internet habe ich zur Not in Form eines LTE-fähigen Handys immer dabei, um auch hier keine Umstände zu machen.
Besonders spannend finde ich bei diesem Arbeitsort die gegenseitige Inspiration und das Netzwerken. Man lernt weitere Kollegen vor Ort kennen, atmet eine andere Unternehmenskultur ein und nimmt viele neue Ideen mit nach Hause – bzw. in das eigene Unternehmen.
Hotels und Cafés
Etwas, das ich auf Business Trips sehr genieße, sind die Arbeitsmöglichkeiten in manchen Hotels. Neben Konferenzräumen, die man für Kundenmeetings buchen kann, gibt es hier oft auch echt ruhige und gemütliche Arbeitsorte. Aber auch Cafés bieten inzwischen immer mehr ruhige Arbeitsorte mit gutem Wlan an. Vor längeren Arbeitsaufenthalten sollte man den Besitzer aber kurz fragen, wie lange man seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen darf.
Bahn oder Flugzeug
Das klingt jetzt nach Jetset-Leben, ist es aber gar nicht. Da mein Nomaden-Tag der Freitag ist, bietet sich ab und zu auch mal die Kombination mit einem Wochenend-Ziel an. Durch die noch immer schlechte Netzabdeckung in Flugzeug und Bahn ist dies der perfekte Arbeitsort, um mal fokussiert zu arbeiten. Keine Ablenkungen durch Meetings, Pushnachrichten und anderes. Gleichzeitig gibt es in einem Bahnabteil auch wenig, was einem zur Prokrastination treibt. Es gibt kein Bad, das geputzt oder keine Waschmaschine, die noch ausgeräumt werden will. Ich nutze solche Fahrten gerne zum Schreiben von Blog-Artikeln, Erstellen von Präsentationen oder für das Erstellen von Angeboten. Also Dinge, die ich persönlich gerne vor mir herschiebe und die man einfach anfangen und durchziehen muss.
Zoos
Zum Abschluss vielleicht noch ein etwas ungewöhnlicher Platz, an dem ich auch gerne mal arbeite. Dies hat aber eher mit der fußläufigen Entfernung von meinem Zuhause zu tun. Die Idee lässt sich aber gut auf den nahegelegenen Park oder Veranstaltungsort übertragen.
Wenn das Wetter gut ist, genieße ich die verschiedenen Arbeitsorte innerhalb des Zoogeländes: Es gibt eine recht bequeme Hollywood-Schaukel im Rosengarten, wo ich gerne meine E-Mails schreibe. Meetings und Telefonate gehen gut aus dem Zoo-Kaffeegarten heraus und auch beim Leopardengehege gibt es eine gemütliche Bank, von der aus so manche PowerPoint erstellt wurde.
Ich freue mich, wenn ich mit meinem Beitrag jemanden inspirieren kann, mal einen gänzlich neuen Ort zum Arbeiten auszuprobieren oder sogar einen festen »Nomaden-Tag« in der Woche einzuführen. Wenn es spannende Orte gibt, die hier noch keine Erwähnung gefunden haben, freuen wir uns über ergänzende Kommentare.
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